Mediation

I. Wissenswertes über Mediation

Unsere langjährigen Erfahrungen mit –auch höchst streitigen– gerichtlichen Auseinandersetzungen haben bewiesen, dass auch der Obsiegende/ Gewinner vor Gericht häufig unzufrieden bleibt. Dies ist regelmäßig der Fall in Bereichen, in denen die Parteien über lange Zeit miteinander verbunden waren und häufig auch in der Zukunft miteinander verbunden bleiben (wie z.B. in der Ehe, in der Familie oder im Beruf über Kinder, Verwandtschaft, fortbestehende Arbeitsverhältnisse, fortbestehende Beteiligungen an Unternehmen etc.).

Die Erfahrung, Konflikte einvernehmlich zu lösen und wieder/ noch miteinander reden zu können, verschafft befriedigendere Ergebnisse. Nach dazu, wenn die streitenden Parteien an einer an ihren eigenen Interessen orientierten, dauerhaften Lösung maßgeblich mitgewirkt haben. Dies ist das ZIEL einer Mediation.

Häufig besteht auch noch lange nach bereits erfolgter Ehescheidung Regelungsbedarf zwischen geschiedenen Eheleuten, wenn es z.B. um die Elternverantwortung gegenüber gemeinsamen Kindern geht (Besuchsregelungen, Kindesunterhalt, Sonderbedarf, etc.). In der Familienmediation ist es für Kinder eine besondere Erfahrung, wenn sie ihre Eltern dabei erleben dürfen, wie diese Dinge wieder gemeinsam regeln und –oft nach jahrelang anhaltendem Streit– nicht (mehr) feindselig gegeneinander agieren. Hierin liegt eine BESONDERE CHANCE der Mediation.

Der Orangen-Fall

Zwei Schwestern streiten um eine Orange. Die Mutter greift ein und fordert beide auf, zu sagen, warum sie gern die Orange hätten.
Es stellt sich heraus, dass die eine Schwester nur die Schale zum Kuchenbacken braucht, während die andere die Orange auspressen möchte, um den Saft zu trinken. Ein salomonisches Urteil, bei dem jede der Schwestern eine Orangenhälfte bekommen hätte, wäre in einem solchen Fall die schlechtere Lösung gewesen. So kommt beiden Schwestern die volle Orange zugute.

 

(Quelle: FISHER/URY/PATTON, Das Harvard-Konzept, 23. Aufl. Frankfurt/New York 2009)

 

 

Ein FALL von Mediation. Bei der Mediation gibt es keine Gewinner und Verlierer, man spricht von einer sog. „Win-Win-Situation“. Nicht Positionen (Orange haben wollen), sondern Interessen (Kuchen backen, Saft trinken) stehen im Vordergrund.

Mehr Wissenswertes über Mediation:

  1. Begriff/Definition
  2. Geschichte
  3. Grundprinzipien der Mediation
  4. Anwendungsgebiete – wann ist Mediation sinnvoll?
  5. Vorteile/ Chancen des Mediationsverfahrens
  6. Abgrenzung zu anderen Verfahren/ Konfliktlösungsmöglichkeiten
1. Begriff/Definition

Der Begriff „MEDIATION“ wird vom lateinischen Adjektiv „medius“ abgeleitet und bedeutet vermittelnd, sich neutral verhaltend, keiner Partei zugewandt.

Das MEDIATIONSVERFAHREN ist ein freiwilliges, außergerichtliches, strukturiertes Verfahren zur Vermittlung in Streitfällen durch einen neutralen Dritten – dem Mediator.

Der Mediator hilft  den Streitenden -auch Konfliktparteien oder Medianten genannt- eine einvernehmliche, schnelle, flexible und für alle beteiligten Parteien zufrieden stellende Lösung ihrer Probleme in Form einer verbindlichen Vereinbarung zu finden, die die Interessen und Bedürfnisse der Parteien berücksichtigt. Der Mediator trifft dabei keine eigenen Entscheidungen bezüglich des Konfliktes, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich.

2. Geschichte

Die Idee, eine von den Konfliktparteien als neutral akzeptierte Person ohne Entscheidungsbefugnis als Vermittler einzuschalten, lässt sich bis in die Antike in das 5. Jahrhundert v. Chr. zurückverfolgen. Aus dem Mittelalter bekannt ist der Mediator Alvise Contarini (1597-1651) als maßgeblich Mitwirkender an dem Westfälischen Frieden (1648), durch den der Dreißigjährige Krieg beendet wurde. Die Mediation als professionelles Verfahren der Streitbehandlung findet in den USA seinen Ursprung, als die Amerikaner Roger Fisher und William Ury Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts die heute als „Das Harvard-Konzept“ bekannte Verhandlungstechnik zur Konfliktbewältigung entwickelten.

Heute ist das Mediationsverfahren auch in Deutschland ein anerkanntes Verfahren. Mediation wird häufig auch in politischen Bereichen eingesetzt.

3. Grundprinzipien der Mediation
  • Allparteilichkeit:Der Mediator leitet die Mediation allparteilich bzw. allparteiisch, das heißt, er steht auf der Seite jedes Beteiligten. Diese Haltung geht deutlich über eine einfache Neutralität hinaus. Der Mediator setzt sich gleichermaßen für die Interessen und Bedürfnisse beider Parteien ein, gibt allen Parteien den gleichen Raum, die gleiche Zeit, ist  „Freund beider Parteien“, gleicht etwaige Machtgefälle zwischen den Parteien aus.
  • Freiwilligkeit:Alle Beteiligten können die Mediation jederzeit abbrechen.
  • Interessen- und Bedürfnisorientiertheit:Im Mittelpunkt des Verfahrens steht nicht die Frage nach der Rechtslage,
    sondern danach, worum es den Parteien tatsächlich geht, was ihnen hinsichtlich der
    zu regelnden Themen zukünftig wichtig ist.
  • Verschwiegenheit:Der Mediator äußert sich außerhalb der Mediation nicht zu den Verfahrensinhalten.
    Anwaltsmediatoren (Mediatoren, die gleichzeitig Rechtsanwälte sind) haben ein Zeugnisverweigerungsrecht.
  • Ergebnisoffenheit:Eine Mediation ist dann nicht möglich, wenn das Ergebnis bereits zu Beginn feststehen soll.
    Das Verfahren ist von vornherein völlig offen.
  • Eigenverantwortung und Selbstbestimmung: Der Konflikt wird bei den Parteien belassen und nicht an Dritte abgegeben. Sie selbst bestimmen den
    Weg zur Lösung und sind für deren Inhalte verantwortlich. Die Konfliktparteien sind Experten ihrer eigenen
    Interessen und Bedürfnisse.
    Deshalb können auch nur diese sie selbst gestalten. Der Mediator dient hier lediglich als Vermittler.
4. Anwendungsgebiete – wann ist Mediation sinnvoll?

Nicht immer geht es um (potentielle) gerichtliche Streitigkeiten. Mit Konflikten wird man in allen Bereichen des täglichen Lebens (Schule, Beruf, Partnerschaft, Familie, Freundschaft, Nachbarschaft, Verein etc.) konfrontiert. Oft lassen sich Konflikte zwischen den Betroffenen klären, häufig blieben sie ungelöst, werden verdrängt.

Wenn Konflikte aber das tägliche Leben stark beeinflussen, sich oft nach einem Muster immer wiederholen, Beziehungen dadurch stark belastet werden und nicht selten Kommunikation gar nicht mehr stattfindet, dann ist es sinnvoll, die Konflikte konstruktiv mithilfe Dritter zu lösen.

Mediation wird in den folgenden Bereich angewandt:

  • Familienmediation: Mediation im familiären Umfeld, also in Fällen von
    • Paarkonflikten (mit dem Ziel der Erhaltung der Ehe bzw. Lebensgemeinschaft, zur Vermeidung einer Trennung)
    • Trennung (zur Regelung von Trennungsinhalten: Unterhalt, Sorge-/Umgangsrecht, Ehewohnung, Hausratsverteilung etc.)
    • Scheidung (zur Regelung von Scheidungsinhalten: Unterhalt, Ehewohnung, Zugewinnausgleich, Vermögensauseinandersetzung, gemeinsames Haus, Sorge-/Umgangsrecht, Hausratsverteilung etc.)
    • Ausübung der Elternverantwortung, auch nach der Ehescheidung (Regelung des Umgangs mit den Kindern, Unterhalt etc..)
    • bei Erbauseinandersetzungen
  • Wirtschaftsmediation: Mediation im inner- sowie zwischenbetrieblichen Bereich, z.B.
    • Konfliktlösung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber
    • Konfliktlösung bei Auftreten von Personalproblemen, zur Aufdeckung von Mobbing-Aktivitäten, zur Verbesserung der innerbetrieblichen Kommunikation
    • Konfliktlösung zwischen Geschäftsführung, Management und Belegschaft
    • Konfliktlösung zwischen Geschäftsführung, Management und Personaltvertretung/Betriebsrat
    • Außergerichtliche Konfliktlösung zwischen Vertragspartnern
    • Konfliktlösung zwischen Betrieben eines Unternehmens
  • Mediation in den Bereichen Schule, Kindergarten, Vereine, im öffentlichen Bereich/ Umweltmediation, Täter-Opfer-Ausgleich etc.
5. Vorteile / Chancen des Mediationsverfahrens
  • Berücksichtigung von Interessenlagen, Standpunkten und Zielen der Parteien, die z.B.
    in einem Zivilprozess unbeachtet bleiben würden; die Parteien können auf ihre Interessen zugeschnittene, maßgeschneiderte Lösungen finden
  • Reduzierung der Verfahrenskosten und der Konfliktfolgekosten
  • Möglichkeit eines unbürokratischen und flexiblen Verfahrens
  • Hohe Erfolgschancen: die Erfolgs-/ Einigungsquoten in den verschiedenen Bereichen der Mediation liegen zwischen 70 und 90 %
  • Die Parteien können sich darüber Klarheit verschaffen, was sie wirklich wollen
  • Die Parteien können in der Mediation etwas über die Beweggründe des anderen erfahren
  • Der Konflikt kann zu einem wirklichen Abschluss gebracht werden (keine Folgeverfahren)
  • Geringere psychische Belastung
6. Abgrenzung zu anderen Verfahren/ Konfliktlösungsmöglichkeiten
  • Gerichtsverfahren, Schiedsgerichtsverfahren, GüteverfahrenVom Mediator werden keine Entscheidungen getroffen.
  • SchlichtungsverfahrenMit der Schlichtung hat Mediation gemein, dass ohne Zustimmung der Parteien keine verbindliche Regelung getroffen wird. Insofern stellt Mediation ein besonderes Schlichtungsverfahren dar.
  • TherapieMediation ist keine Therapie. In der Mediation werden die Entstehungsgeschichte und die Ursachen eines Konfliktes so wenig wie nötig einbezogen. Die Mediation blickt vielmehr nach vorn und fragt nach zukünftigen Möglichkeiten und Regelungen. Auch Veränderungen im Verhalten der Mediationsteilnehmer untereinander werden nur insoweit gefördert, als sie für eine verbindliche Lösung des Konflikts notwendig sind. In der Mediation geht es um Sachkonflikte.

 

 

II. Dauer/Ablauf des Mediationsverfahrens

Das Mediationsverfahren unterteilt sich in verschiedene Phasen (1. Auftragsklärung, 2. Themensammlung, 3. Interessenklärung, 4. Sammeln und Bewerten von Lösungsoptionen, 5. Abschlussvereinbarung).

Die Phasen werden zumeist in mehreren Sitzungen durchlaufen. Die einzelnen Sitzungen dauern circa 1 1/2 bis 2 Stunden. Die Verfahrensdauer und die Anzahl der Sitzungen sind abhängig von der Anzahl der Beteiligten sowie vom Umfang und von der Schwierigkeit des Konfliktes. In der Regel sind 3 bis 8 Sitzungen erforderlich. In einigen Fällen sind bereits ein bis zwei Sitzungen ausreichend. Nach jeder Sitzung wird ein Protokoll erstellt, das einen Überblick über den Verlauf der Sitzung vermittelt.

III. Kosten

Ein Mediationsverfahren wird nach Stundensätzen abgerechnet. Vor Beginn des Mediationsverfahrens wird das Honorar schriftlich vereinbart. Sofern keine gegenteilige Vereinbarung getroffen wird, wird das Honorar zwischen den Konfliktparteien geteilt. Bei Wirtschaftsmediationen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer übernimmt üblicherweise der Arbeitgeber die Kosten.

Die Stundensätze liegen je nach Anzahl der Beteiligten, Mediationsbereich und Mediationsgegenstand im Bereich Familienmediation zwischen 120 und 200 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer, sowie im Bereich Wirtschaftsmediation zwischen 150 und 300 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer. Co-Mediationen, d.h. zwei Mediatoren begleiten das Verfahren, sind möglich.

Einige Rechtsschutzversicherungen übernehmen inzwischen ganz oder teilweise die Kosten eines Mediationsverfahrens.

Impressum